Kooperationsforum Logistik
22.10.2002
Straubing rückt weiter in den Mittelpunkt | |
Über 200 Fachleute informierten sich über neue Wege der Zusammenarbeit in der Logistik |

Der Logistikstandort Straubing-Sand stand als Musterbeispiel im Mittelpunkt des diesjährigen Kooperationsforums “Logistik Stärke durch Kooperation“. Über 200 Vertreter aus dem produzierenden Gewerbe und der Logistik- und Transportbranche trafen sich dazu am gestrigen Dienstag in der Joseph-von-Fraunhoferhalle. Veranstalter waren der Zweckverband Industriegebiet Straubing-Sand (ZVI) und die Bayern-Innovativ GmbH.
Von seiner besten Seite präsentierte sich Straubing als “Kompetenzregion für Logistik“, wie es Landrat Alfred Reisinger in einem Pressegespräch im Vorfeld des Kooperationsforums bezeichnete. Mit über 200 Fachleuten aus dem produzierenden Wirtschaftssektor und dem Bereich Logistik und Transport war die Teilnehmerzahl beim diesjährigen Kooperationsforum wieder so hoch wie im vergangenen Jahr, als das Forum das erste Mal als Gemeinschaftsveranstaltung von ZVI und Bayern-Innovativ stattgefunden hat.
Bei dem Gespräch wurden die Schwerpunkte des Forums vorgestellt. Immer wieder betont: Straubings günstige geographische Lage bei der immer näher rückenden EU-Osterweiterung. Das betonte auch Alfred Ratz, Geschäftsführer von Harman/Becker Automotiv Systems GmbH, dessen Unternehmen neben Straubing an sieben weiteren Standorten in Europa vertreten ist. “Und hier ist es wichtig, einen kompetenten Logistik-Unternehmer an seiner Seite zu haben, der schnell, flexibel und natürlich kostengünstig sämtliche Teile an die Orte bringt, wo sie gebraucht werden.“ Das Unternehmen, das auch in Ungarn produziert, erkenne sehr wohl, dass Straubing eine Mittelfunktion beim Transport nach Osteuropa einnehme. “Und diese Bedeutung nimmt mit der EU-Osterweiterung weiter zu.“
Produktion statt Lagerung
Bevor sich Harman/Becker zur Ausgliederung des Logistik-Bereichs entschied, sei man vor der Frage gestanden, was man auf dem vorhandenen Firmengelände machen will: Lagern oder Produzieren? Man habe sich für die Produktion entschieden und in der Folge den Logistikbereich ausgegliedert. Eine gut funktionierende Logistik entscheide heute über das Wohl und Wehe eines Unternehmens.
Die Aussagen von Alfred Ratz wurden von wissenschaftlicher Seite unterstrichen. Prof. Dr. Claus Berg, Leiter der Internationalen Logistik Akademie München, sagte, dass das Wirtschaftswachstum in den zukünftigen EU-Staaten Osteuropas auf Bayern, insbesondere Ostbayern Auswirkungen haben werde, auch beim Verkehrsaufkommen. “Seit über 100 Jahren ist zu beobachten, dass mit der Wirtschaft der Güterverkehr überproportional anwächst.“ Berg wurde dabei noch deutlicher: “Andersrum gesagt: Wer den Verkehr drangsaliert, gegen Autobahnen demonstriert oder Mautgebühren einführen will, schwächt die Wirtschaft.“ Denn damit in der jetzigen Zeit die Arbeitsteilung beibehalten werden kann, sei es notwendig, Einzelteile über Regionen und Länder hinweg zu transportieren.
Paketdienste entdecken Region
Mit Freude hat Josef Keller eine Information von Berg vernommen, wonach die deutschen Paket-, Kurier- und Express-Dienste bei ihrer Deutschlandtagung vergangene Woche betont haben, dass der ostbayerische Raum von ihrer Branche schnell erschlossen werden müsse. Und für den ZVI hatte Berg auch noch eine Empfehlung parat. Die Verantwortlichen sollen zwei strategische Ziele verfolgen: die Kooperation und das Informationsmanagement verbessern.
Der Logistikdienstleistungssektor sei derzeit einer der wenigen boomenden Wirtschaftsbereiche, von dem auch Investitionen erwartet werden können, sagte Landrat und ZVI-Verbandsvorsitzender Alfred Reisinger. Die traditionellen Fertigungsbetriebe hätten derzeit kein Finanzpotential um zu expandieren. Und in diesem Zusammenhang sei man in Straubing froh, dass der ZVI es geschafft habe, sich früh genug als Logistik-Standort zu etablieren. Für die nächsten 15 Jahre werde ein Anstieg des Güterverkehrs um rund 60 Prozent prognostiziert, der Anstieg des Ost-West-Güterverkehrs werde mit einem Plus von 160 Prozent angegeben, untermauerte Reisinger seine Aussagen mit Zahlen.
Kommunen unterstützen
Und dass die Kommunen selbst einen Beitrag leisten können, um potenzielle Ansiedler zu unterstützen, machte Reisinger am neuen Wirtschaftsserviceteam deutlich, das im Landratsamt angesiedelt wurde. Ein bauwilliger Käufer hat dort einen festen Ansprechpartner, der schnell abklären kann, ob das Vorhaben in Straubing-Sand möglich ist. “Innerhalb von zwei Stunden können wir dem Interessenten sagen, ob er sein Investitionsvorhaben im ZVI-Gebiet oder in einem andern Gewerbegebiet im Landkreis verwirklichen kann.“ Dass es schnelle Genehmigungswege bei einer geplanten Ansiedlung geben muss, bestätigte auch Aiterhofens Bürgermeister Manfred Krä. Kooperation mit den Unternehmen, das gelte auch für die Gemeinden.
Doch nicht nur eine positive Vermarktung des ZVI-Gebietes stand im Mittelpunkt des Kooperationsforums, auch die Neuheiten in der Logistik-Branche. Anhand von Straubing-Sand wurde im Laufe des Nachmittags dann auch die Auswahl, Bewertung und Analyse von günstigen Standorten für Logistik-Zentren zum Themenschwerpunkt gemacht, wie Gabriel von Lengyel-Konopi von der Bayern-Innovativ GmbH, einem Unternehmen des Freistaats Bayern, betonte.
Die über 200 Teilnehmer, vorwiegend aus Deutschland und Österreich, aber auch aus der Ukraine, konnten sich auch auf einer Fachausstellung im Foyer über Neuerungen im Logistik-Bereich informieren. Wie ZVI-Geschäftsführer Josef Keller mitteilte, wird bereits das nächste Kooperationsforum im Jahr 2003 vorbereitet.
Flaschenhals Donau endlich entfernen
Immer wieder kam beim Kooperationsforum die Sprache auf die Verkehrsanbindung des Industriegebiets Straubing-Sand. Dabei wurde die so genannte trimodale Anbindung über Wasser, Land und Luft hervorgehoben. Prof. Berg: “Punkten sie mit Ihrer Nähe zum Münchner Flughafen.“ Auch Landrat Reisinger betonte, dass man von Straubing aus schneller am Flughafen sei, als vom Süden Münchens aus.
Bei der Anbindung über die Straße warb Aiterhofens Bürgermeister Manfred Krä für einen möglichst schnellen vierspurigen Ausbau der Bundesstraße 20 zwischen den Autobahnen A3 und A92. “In diesem Bereich sind täglich 20000 Fahrzeuge unterwegs, darunter 5000 Lastwagen.“
Und auch der Donauausbau wurde mit Blick auf die rot-grüne Koalitionsvereinbarung in Berlin wieder thematisiert. ZVI-Geschäftsführer Josef Keller forderte erneut, den “Flaschenhals zwischen Straubing und Vilshofen zu entfernen“. Es führe kein Weg über eine Ausbauvariante, die null Verbesserung bringe. Auch Landrat Reisinger verlangte langfristig kalkulierbare Schifffahrtsverhältnisse, “im Interesse der gesamten Wirtschaftsregion zwischen Regensburg und Passau“.
Text: Josef Schachtner/Straubinger Tagblatt